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Landesmediengesetz

Umwandlung der Offenen Kanäle beabsichtigt

17.05.2014

Der DJV Thüringen hatte zweimal Gelegenheit, zu Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen, mit denen das Landesmediengesetz des Freistaats geändert werden soll. In der gestrigen mündlichen Anhörung des zuständigen Europaausschusses des Thüringer Landtags eröffnete die TLM den Reigen. Das muss nicht verwundern, stellt doch die Umgestaltung der Offenen Kanäle und nichtkommerziellen Lokalradios zu Bürgerradios und Bürgerfernsehen ein wesentliches Element der Novellierung dar. Noch vor gut einem Jahr hatte der DJV Thüringen das Vorhaben als ambitioniert angesehen. Nach dem Gesetzentwurf sollen die Bürgerradios und das Bürgerfernsehen einen publizistischen Auftrag zu lokaler und regionaler Information erhalten. Zugleich haben sie offene Sendeflächen für die Bürgerinnen und Bürger anzubieten, also das, was derzeit die Offenen Kanale leisten. Doch damit nicht genug. In Zusammenarbeit mit dem Medienbildungszentrum und auch eigenständig sollen sie medienpädagogische Angebote unterbreiten, „die insbesondere der Nachwuchsförderung und einem reflektierten und professionalisierten Umgang mit Medien dienen.“ Da bleibt einem erst einmal die Spucke weg. Zum dafür notwendigen Personal und Geld findet sich in der Begründung des Gesetzentwurfs nicht eine Zeile. Enthalten ist lediglich die Satzungsermächtigung für die Landesmedienanstalt, die die strukturellen und finanziellen Parameter der Zusammenarbeit der Bürgermedien festzulegen hat. Derzeit bezieht ein Chefredakteur eines nichtkommerziellen Lokalradios ein monatliches Bruttogehalt von 800 Euro. Stellt man dem das Anforderungsprofil an die Bürgerradios gegenüber, bleibt eine Menge Luft nach oben. Man kann es auch drastischer formulieren. Ein Grund für die beabsichtigte Umwandlung der Offenen Kanäle besteht jedoch in den geringer werdenden Haushaltsmitteln der TLM. Das und die Wahrscheinlichkeit, dass die Erfüllung des publizistischen Auftrags tendenziell im Vordergrund stehen wird, lassen den DJV Thüringen das vorgeschlagene Modell kritischer sehen als noch vor einem Jahr. Damit ginge dann auch der Grundgedanke der Offenen Kanäle verloren: eine breite Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger zu organisieren. Der Freistaat hatte das erste Landesmediengesetz in Deutschland in Kraft gesetzt, das die Vermittlung von Medienkompetenz vorsah. Die Offenen Kanäle bildeten den Kern dieses Vorhabens. Sie bieten Einzelpersonen und gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen und Institutionen Gelegenheit zur Herstellung und Verbreitung eigener Beiträge. Neben ihnen existieren die nichtkommerziellen Lokalradios, die von ihrem Selbstverständnis einen publizistischen Auftrag reklamierten und in ihren Programmen leben. Nun sollen die Offenen Kanäle in eine Art nichtkommerzielle Lokalradios umgewandelt werden. Das findet die ungeteilte Unterstützung von deren Betreiber. So bedankten sie sich auch in der Anhörung für die über vier Jahre hinweg geführte Diskussion, deren Ergebnisse von allen Beteiligten getragen würden. Es mag Zufall sein, unglücklich ist es allemal, dass unter den Anzuhörenden zwar die Landesarbeitsgemeinschaft Bürgermedien, Radio F.R.E.I. und Radio Lotte in Weimar vertreten waren, jedoch kein Offener Kanal. Zumindest Radio Funkwerk oder den Offenen Kanal in Gera hätte der Landtagsausschuss zur Anhörung einladen können. Schließlich sollen sie in ein Medienbildungszentrum umgewandelt als auch im künftigen Bürgerradio in Erfurt bzw. Bürgerfernsehen in Gera aufgehen. Der DJV Thüringen unterstützt ausdrücklich den Zweck des Gesetzes, die Vermittlung von Medienbildung zu fördern, insbesondere den bewussten, selbst bestimmten und kritischen Umgang mit den Medien und Medieninhalten. Das sollte in medienpädagogischen Angeboten ebenso möglich sein wie in der Nutzung zugangsoffener Sendeflächen durch möglichst viele Bürgerinnen und Bürger. Deshalb setzt sich der DJV Thüringen auch für eine Stundenvorgabe bei den Sendeflächen ein. Mindestens 32 Stunden sollen den bisherigen Nutzern der Offenen Kanäle künftig zur Verfügung stehen. Wenn sie denn von den Bürgerradios noch betreut werden können.

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