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Pressefreiheit

Sind Journalisten überwacht worden?

15.11.2012

Noch immer keine Antwort auf die drängende Frage, lautet das Fazit der Gesprächsrunde am gestrigen Abend. Zwar hatte am Nachmittag Justizminister Holger Poppenhäger dem Justizausschuss des Thüringer Landtags Rede und Antwort gestanden. Der hatte jedoch Vertraulichkeit zu den Inhalten der Sitzung vereinbart. Ministeriumspressesprecher Eberhardt Pfeiffer begründete das mit dem noch nicht abgeschlossenen Ermittlungsverfahren. DJV-Landesvorsitzende Anita Grasse hält den Schwebezustand für unhaltbar: "Wir wollen nicht warten, bis die Ermittlungsbehörden bereit sind, ihre Ergebnisse mitzuteilen. Wir wollen JETZT wissen, welche Art von Daten, die Journalisten betreffen, erfasst worden sind, um uns selbst ein Bild von der Rechtmäßigkeit der Ermittlungsarbeit machen zu können." Der Thüringer Datenschutzbeauftragte Lutz Hasse unternahm aus zweifacher Sicht - als Datenschützer und zugleich Jurist - mit den Anwesenden einen Streifzug durch in Frage kommende Paragrafen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung. Es ging u.a. um das Verwertungsverbot von ermittelten Daten in der Thüringer Verfassung, aber auch die Definition, was ist Geheimnisverrat, was versteht man unter Beihilfe zu diesem und was unter Gehilfehandlungen. Landtagsabgeordnete Dorothea Marx kritisierte, dass personenbezogene Daten von etwa 50 Politikern und Abgeordneten in die Ermittlungsakten aufgenommen worden sind. Was aus ihrer Sicht den Schluss zulässt, dass damit noch was gemacht werden soll. Sie rät ihren Parlamentarierkolleginnen und -kollegen auf Löschung dieser Daten zu klagen. Der MDR könne nicht verstehen, so Landesfunkhausdirektor Werner Dieste, dass Journalisten per se verdächtig sind, wenn sie recherchieren und ihre Ergebnisse der breiten Öffentlichkeit vermitteln. Einig war sich die Gesprächsrunde, dass eine schnelle Aufklärung nötig sei. Das Misstrauen bei Parlamentariern und Journalisten gegenüber den Ermittlungsbehörden sei groß. Es dränge sich der Eindruck auf, dass Ermittlungserfolge über der Achtung der Grundrechte stünden. Es sei auch darüber zu reden, ob das die Ermittlungen auslösende Innenministerium in ausreichendem Maß auf die Beachtung der Rechte von Journalisten hingewiesen hat. Schließlich ging es bei den Ermittlungen um die Frage, wer vertrauliche Unterlagen an Medienvertreter gegeben hat. Das Thüringen Journal berichtete am 14.11.12 im Beitrag "Justizausschuss ermittelt in Thüringer Datenaffäre" und die Thüringer Allgemeine am 15.11.12. Der DJV fordert vom Justiz- und Innenminister des Freistaats Aufklärung. Die Hörfunk-Chefredakteure der ARD haben protestiert und halten die Ermittlungen für einen gravierenden Eingriff in den Kernbereich der journalistischen Tätigkeit. "Die Ermittlungen zielten offenkundig auch darauf ab, Recherchewege und Methoden auszuspähen und aufzudecken." Mit dem Thema befasste sich auch das Medienmagazin Zapp des NDR.

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