Erfurt vs. Journalismus?
Die Presse ist frei!
Foto: Stadtverwaltung Erfurt (©)
Das ist Konsens in allen Fassungen der Landespressegesetze in Deutschland. Auch in Thüringen. Das sollte sich die Stadt Erfurt ins Gedächtnis rufen. Ihr offener Brief an den Sportjournalisten Jakob Maschke zeugt von Ignoranz und fehlendem Respekt gegenüber dem Lokaljournalismus. „Wir stellen uns klar hinter die Lokalredaktion. Kommentare müssen nicht gefallen, Lokaljournalist:innen und Verwaltungen keine Freundschaften pflegen, aber niemals – niemals – darf Presse durch öffentliche Institutionen infrage gestellt werden!“, so die DJV-Vorsitzende Heidje Beutel.
Die Stadt verpackt ihren Ärger in einen bedenklichen Satz: “Wir bitten höflichst, dass Sie das in Ihrer künftigen Berichterstattung beachten!” Nein, genau das geht nicht. Weder eine Stadt noch sonst eine Institution hat Wünsche dieser Art zu äußern. Weder Zurechtweisungen, als Bitte getarnt, sind angebracht, noch das in diesem Zusammenhang verlogen klingende “höflichst”.
In seinem Kommentar wirft Jakob Maschke einen kritischen Blick auf den Umgang der Stadt mit dem Vereinssport und ihrem Selbstverständnis als Sportstadt. Der Kommentar ist klar als solcher gekennzeichnet, gibt die Meinung des Autors wieder und – ja – wirft kein gutes Licht auf die Stadtverwaltung.
Das Bedenkliche der städtischen Antwort sind nicht die Erklärungen, Gegendarstellungen oder wie immer man die Argumente nennen mag. Es ist der beleidigte und beleidigende Ton, der von Anfang an darin mitschwingt. Und das Pamphlet gipfelt in der unverhohlenen Drohung, keine Informationen mehr an den Kollegen weiterzugeben. Das wäre ein Verstoß gegen das Thüringer Pressegesetz und damit schlicht rechtswidrig.
„Die Stadt arbeitet sich an der Arbeit eines Journalisten ab wie eine gekränkte Barbra Streisand an einem Fotografen.“, so Heidje Beutel weiter. „Ein guter Pressesprecher hätte dem Beigeordneten erklärt, welchen Wert Pressefreiheit in Deutschland hat. Und ein kluger Beigeordneter hätte dem Pressesprecher zugehört, statt wie ein getroffener Hund zu bellen.“
In Zeiten, in denen Lokaljournalist:innen sich immer mehr für ihre Arbeit rechtfertigen und verteidigen müssen, gießen solche ungerechtfertigten öffentlichen Zurschaustellungen Öl in das Feuer derjenigen, die Pressefreiheit infrage stellen.
Aufgabe der Presse ist es schließlich, mit Nachrichten, Einordnungen und Kritik an der Meinungsbildung mitzuwirken. Die Meinungen geben aber nicht die Rathäuser vor. Viel eher sollten die Zuständigen über den wahren Kern der Kritik reflektieren. Stattdessen übte man sich in Erfurt in Diffamierungen. Traurig.
Mariana Friedrich
(stv. Vorstandsvorsitzende DJV Thüringen)
Hintergrund 1 Webseite TA
Hintergrund 2 Webseite Stadtverwaltung Erfurt